Graduale Monasteriense

Das Graduale Monasteriense will eine Hilfe für die Choralpraxis sein. Scholen, die regelmäßig das Messproprium singen, finden in ihm eine hoffentlich willkommene Unterstützung, um trotz knapp bemessener Probenzeit zu einem musikalisch ansprechenden und liturgisch angemessenen Aufführungsresultat zu gelangen. Dieses Ziel wird im Graduale Monasteriense auf mehrfachem Wege verfolgt:

1) Für einen musikalisch zufriedenstellenden, lebendig gegliederten Vortrag des Gregorianischen Chorals wird es heute wohl mit Recht als unerlässlich angesehen, die Differenzierung kurrenter (fließender) und nicht-kurrenter (gedehnter) Neumen, wie sie durch die semiologische Erforschung der älteren (adiastematischen) Choralnotation wieder erschlossen worden ist, möglichst genau zu beachten.

Doch auch wenn das Graduale Triplex alle hierfür nötigen Informationen bereitstellt, erweist es sich in der Praxis doch meist als recht sperriges Arbeitsinstrument: Es ist realistischerweise nicht von allen Scholasängern zu verlangen, sich fundierte neumenkundliche Kenntnisse anzueignen und außerdem den notwendigen „Simultanblick“ für Quadratnotation und Neumenrhythmik zu entwickeln; überlässt man dies jedoch allein den „Spezialisten“ in der Schola, wird man kaum zu einem überzeugenden, einheitlichen Klangresultat gelangen.

Nun enthielten auch schon ältere Choralbücher wie das Graduale Romanum von Solesmes gewisse rhythmische Hinweise in Form von waagerechten Episemen oder dehnenden Punkten, die zwar im Licht der neueren semiologischen Erkenntnisse unvollständig sind, jedoch den großen Vorteil einer intuitiven Fassbarkeit für alle Sänger haben.

Das Graduale Monasteriense bietet darum nun für alle enthaltenen Stücke des Propriums eine vollständig überarbeitete Version dieser einfachen rhythmischen Hinweise unter durchgängiger Beachtung der adiastematischen Neumenüberlieferung. Oft ergeben sich dadurch gegenüber dem älteren Graduale Romanum zusätzliche nicht-kurrente Töne oder Passagen; in einigen Fällen mussten jedoch auch Episeme oder Punkte, die durch den neumatischen Befund nicht gestützt werden, wieder entfernt werden. Die Bezeichnung der Nicht-Kurrenzen erfolgt im Graduale Monasteriense so genau wie möglich: So erhält ein Pes, dessen beide Töne gedehnt sind, sowohl unten wie auch oben ein waagerechtes Episem; steht es hingegen nur über der oberen Note, so ist entsprechend auch nur diese zu dehnen.

Spät- oder neogregorianische Gesänge ohne adiastematische Überlieferung werden im Graduale Monasteriense in einer Fassung angeboten, die nichts weiter sein will als ein musikpraktischer Aufführungsvorschlag im Dienste der stilistischen Einheitlichkeit. Sofern sich für diese Stücke Melodievorlagen im alten Choralrepertoire ausfindig machen ließen, wurde die rhythmische Gestaltung behutsam von dort übertragen und den neuen textlichen Verhältnissen angepasst.

Wo sich keine Vorlagen fanden oder die melodischen Abweichungen im Verlauf des Stücks zu gravierend waren, sind die dennoch gegebenen rhythmischen Hinweise nichts weiter als Vorschläge des Bearbeiters für einen musikalisch sinnvoll artikulierten Vortrag, ohne irgendeine weitergehende Verbindlichkeit zu beanspruchen. Auf eine Dokumentation der jeweils getroffenen Entscheidungen wurde mit Blick auf den rein praktischen Zweck der vorliegenden Choralausgabe verzichtet, zumal das Graduale Monasteriense ja keineswegs die Benutzung des Graduale Triplex überflüssig machen soll: Für ein eingehendes Studium der Gesänge, etwa zur gewissenhaften Vorbereitung einer Scholaprobe, bleibt dieses nach wie vor unersetzlich.

Das Graduale Monasteriense folgt den herkömmlichen Melodiefassungen, wie sie im Graduale Romanum 1961 und im Graduale Triplex geboten werden. Die restituierten Melodiefassungen, wie sie inzwischen teilweise im Graduale Novum zugänglich sind, werden hier also nicht oder nur in seltenen Ausnahmefällen berücksichtigt. Diese Grundsatzentscheidung war nicht zuletzt von praktischen Erwägungen geleitet: Einer seit Jahren und Jahrzehnten „eingesungenen“ und allsonntäglich ihren liturgischen Dienst leistenden Schola, die gleichwohl ja nicht nur aus sicheren Blattsängern besteht, ist es schlicht unmöglich, den doch mitunter erheblichen Umfang melodischer Änderungen sicher zu bewältigen, den die restituierten Fassungen mit sich bringen. Freilich wurden dadurch bei der rhythmischen Bezeichnung einiger Gesänge, die größere Diskrepanzen zwischen Quadratnotation und Neumenüberlieferung aufweisen, gewisse Kompromisse notwendig, die jedoch, wie zu hoffen bleibt, immerhin hinreichend praxistauglich sind.

2) Da ein Choralamt – jedenfalls in der außerordentlichen Form des Römischen Ritus, für dessen Erfordernisse das Graduale Monasteriense in erster Linie konzipiert ist – auch beim Proprium textliche Vollständigkeit erfordert, diese aber nicht immer problemlos durch vollständiges Aussingen aller Melodien erreicht werden kann, bietet das Graduale Monasteriense eine Reihe möglicher Vereinfachungen, die unter gegebenen Umständen (z.B. reduzierte Scholabesetzung, Fehlen erfahrener Sänger, zu großer Ambitus einzelner Gesänge) sicherlich hilfreich sein können. So werden unter der Überschrift „Versus in psalmodia“ in jedem Proprium ausgeschriebene Psalmodien angeboten, um die oft fordernden Soloverse der Graduale-, Tractus- und Alleluja-Gesänge nötigenfalls ersetzen zu können (das Zeichen +* markiert den erforderlichen Sprung).

Darüber hinaus besteht jeweils die Möglichkeit, Graduale, Tractus und Offertorium insgesamt zu psalmodieren. Für jedes Alleluja wird zusätzlich ein „Modus simplex“ angeboten, der stets aus einer geläufigen und gut zu bewältigenden Alleluja-Singweise und dem entsprechend psalmodierten Vers besteht. Introitus und Communio werden nicht in vereinfachter Form vorgelegt, weil die Beherrschung dieser Stücke wohl das zur Feier eines Choralamtes erforderliche Minimum darstellt.

3) Alle Communio-Gesänge sind um – meist zwei – ad libitum auszuführende Verse in ausgeschriebener Psalmodie und das „Gloria Patri“ (soweit es nicht entfällt) ergänzt.

Das Graduale Monasteriense folgt dem liturgischen Jahr in der außerordentlichen Form des Römischen Ritus; die Indizes machen es aber auch darüber hinaus verwendbar. Es enthält alle Sonntage des Kirchenjahres und darüber hinaus alle Proprien, die für die Feier des außerordentlichen Ritus in St. Aegidii zu Münster derzeit benötigt werden, also auch die Feste I. Klasse und die Herrenfeste II. Klasse, jedoch nicht das österliche Triduum.

Allen, denen es hilfreich scheint, sei es hiermit zur freien Verwendung vorgelegt.

Michael Greiner

Satz und PDF

Die Satzdateien und PDF können bei git.jens-falk.it heruntergeladen werden. Dort können auch mittels Ticket Hinweise gegeben werden, vielen Dank.

 

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